Von der Wiege bis zur Bahre
-Berufsleben/Wohnung-

Eine autolose Insel, dazu noch einseitig auf den Fremdenverkehr ausgerichtet, bietet schon von Grund her eine recht schmale Auswahl an Möglichkeiten für die Berufswahl. Auf der Insel waren nach dem Krieg viele kleine Handwerksbetriebe ansäßig. Allein fünf Bäckereien waren in den besten Zeiten auf der Insel für die Versorgung  tätig. So zählten wir 1960 sechs Malerbetriebe, davon gibt es heute noch einen einzigen. Sechs Tischlereien, fünf Bauunternehmungen, zwei Schneider, zwei Schuhmacher, zwei Schlachter und der Segelflughorst sind noch zu nennen. Neben der Gemeindeverwaltung gab es natürlich  die „Schwarze Bude“, die Werkstatt der Reederei Norden Frisia, die eine Ausbildung zum „Schlosser“ möglich machte. Natürlich bot und bietet das Gastronomiegewerbe und die Hotelerie die klassischen Ausbildungsplätze. Aber erst mit Einführung des Blockunterrichts ist dieser Ausbildungszweig für Lehrlinge wie auch für Ausbildungsbetriebe sehr interessant geworden. Als Juist noch eine eigene Berufsschule hatte war das natürlich grundlegend anders. Die insularen Möglichkeiten zur Berufsausbildung waren also in der Vergangenheit durchaus nicht schmal und einseitig. Allerdings konnte dieses Angebot über die Jahre nicht hinüber gerettet werden. Somit sind auch die ehemals klassischen „Insellehrberufe“ nicht mehr unbedingt das große Ziel, die Insel ist näher an´s Festland gerückt. Das Inselberufsleben ist zunächst sehr von den Dienstleistern, also dem Gastgewerbe geprägt. Damit ist auch der jahreszeitliche Unterschied von großer Bedeutung. Im hiesigen Gastgewerbe sind doch überwiegend „Nichtinsulaner“ tätig. dennoch ist im Vergleich zu anderen Berufsfeldern der Anteil von Eigentümern sehr groß. Das heißt, das große anonyme Betreibergesellschaften keine große Rolle spielen. Die Pächter und Eigner haben doch überwiegend ihre Wurzeln im Juist Dünensand.
Noch ist es in der Regel so – wie es immer schon war, wenn die Zeit gekommen ist  kehren die Juister Kinder mit Familie auf die Insel zurück um den elterlichen Betrieb zu übernehmen. Es ist nicht mehr so selbstverständlich wie in der Vergangenheit, und manche Sorgen  vor dem Altwerden hängen auch mit der Betriebsnachfolge zusammen. So auch im Fall der Familie Gerhard Hahn, wohnhaft an der Billstr. im Hause „Robinson“, Siedlung 23
1945 kamen die junge Familie als Vertriebene nach Juist und haben sich aus mühsamen und kleinen Anfängen ihr eigenes Häuschen erspart und erarbeitet. Mit der Vermietung von Zimmern mit Frühstück wurde das erste eigene Geld verdient. 
Gerh. Hahn war im Winter auf dem Bau und während des Sommers half er seiner Frau bei der Bewirtung der kleinen Pension. 
Durch verschiedene An- und Umbauten konnten  Ferienappartements geschaffen werden, die heute das Angebot der Familie Hahn bestimmen. Jetzt zum Abschluß des Arbeitslebens von
 Gerhard und Hildegard Hahn haben sie sich in „Deutschland“, gleich hinter dem Deich einen Alterssitz geschaffen und ihr Haus auf der Insel an die Tochter übergeben. Die Tochter Gabriele hatte bis zum Frühjahr ihren Wohnsitz und auch Ihre Arbeitsstelle in Köln, wo Sie mit Ihrem Mann lebte. Jetzt hat Sie ihre Zelte in Deutschland abgebrochen um hier auf der Insel den Betrieb ihrer Eltern weiterzuführen. Ihr Mann kann seinen Beruf, der nicht ständige Präsenz erfordert, weiterhin in Köln ausüben. So hilft  die moderne Technik familiäre Probleme der Insel zu lösen. Ganz ähnlich, doch aber grundlegend anders verhält es sich bei der Familie Wilken und dem Haus Seelust im schönen Ostdorf. Das Haus Seelust war mit einses der ersten großen Häuser, die im Ostdorf gebaut wurde. Ulrich Georg Wilken u. seine Frau Frauke geb. Habbinga kaufen 1898 das Grundstück, nachdem Ulrich Georg Wilken zuvor im Jahre 1895 bei der Dampfschiffs – Reederei Norden als Kapitän anfing. 1900 wurde das Haus gebaut.  Auf alten Postkarten und Bildern konnte das markante Dach, ein Merkmal des damaligen Baustils,  oft ein guter Wegweiser sein. 1932 u. 33 versterben die Eheleute Wilken und die Tochter von Georg, Hilde Wilken übernimmt das Haus bis 1953. Kapitän Hermann u. seine Frau Klara führen das Haus ab 1953. Mit Ulfert Wilken und seiner Frau Auguste tritt 1962 die dritte Generation an. Viele Umbauarbeiten  und Änderungen kennzeichnen  die Zeit von Ulfert u. Auguste Wilken. Als 1996, nach 11jähriger Abwesenheit von der Insel für Schul– und Berufsausbildung in Esens, Aurich und Aachen die ältere Tochter Theda mit Mann und zwei Kindern zurück zur Insel kommt, tritt praktisch die vierte Generation im Hause Seelust an -  glücklich wieder auf ihrer Inseln zu sein. 
1998 wird als vorläufig letzter Bauabschnitt das Dach um- und ausgebaut. Ulfert und Auguste Wilken haben ihren Betrieb 1999 an Ihre Tochter Theda weitergegeben und für sich in „Deutschland“ einen Ruhesitz geschaffen. Ein Standbein haben sie aber weiterhin auf der Insel im Hause Seelust im schönen Ostdorf. 
Familie Vielhaber  wird von nun an die Geschicke des Hauses leiten und möglicherweise sind mit Eike und Swena, die zwei Kinder von Theda u. Reinhard Vielhaber, die nächsten Betreiber dieses Juister Betriebes schon da. Es wäre dann die fünfte Generation.

Diese zwei Beispiele, zufällig gewählt, sind nicht untypisch für die Insel Juist, doch können und sollen diese nicht als „Normalfall“ dastehen. Die Verpachtung oder der Verkauf von Haus u. Grundstück sind nicht selten die Endlösung wenn nicht innerhalb der Familie eine Einigung erzielt werden kann. 

HOME